Mein Tutor…

…muss jemandem wie mir, der ihn insgesamt 5 Jahre hintereinander „genossen“ hat, schon ein paar Worte wert sein. Er ist als Lehrer für Geschichte und Gemeinschaftskunde bei allen Schülern und Schülerinnen unserer Schule bekannt.

Er war es auch, der seine kostbare Freizeit dafür opferte, um mit seinem Gmk- Leistungskurs einmal gepflegt essen zu gehen und diesem deshalb schon Wochen vorher erklärte und trainierte, wie man sich zu festlichen Anlässen richtig anzieht, einen Schlips bindet und „richtig“ isst.

Seine Stunden sind immer interessant und nie langweilig, dies bedingt jedoch auch, dass manchmal der „rote Faden“ verlorengeht, und dass auch zahlreiche Stunden „verschwätzt“ werden. In regelmäßigen Abständen erscheinen dann auch kleine Referate zu den Themen Alkohol, Nikotin, Diskotheken, Umwelt, zu alternativen ärztlichen Methoden, zu Psychologie und Psychotherapie sowie zum heutigen Lebensstandard, welche in regelmäßigen Abständen durch den Satz „Wir sind mitten im Thema!“ unterbrochen werden. Auch Tagespolitik kommt nicht zu kurz: wir werden von ihm ständig gefordert, die Tagespolitik genau zu verfolgen, und diese hat uns schon so manchen Anlass.

Wenn ein Mittelstufenschüler Angst hat, dass er die Drohung „Dieses Jahr schreiben wir eine Arbeit“ wahr macht, kann ich ihn hiermit beruhigen. Er selbst gibt zu, das Korrigieren zu hassen, und dementsprechend lang lassen die Oberstufenklausuren (die leider Pflicht sind) auf ihre Rückgabe warten. Jeder Top- Manager ist froh, nicht einem solchen Stress ausgesetzt zu sein wie er. Denn was mein Tutor an Vorbereitungszeit für den Unterricht und die Erstellung von Musterlösungen, Übersichten etc. aufwendet, ist kaum in Worte zu fassen, geschweige denn zu bezahlen, was in der freien Wirtschaft unmöglich wäre. Auch Legastheniker brauchen diesen Lehrer nicht zu furchten. Da er ähnliche Probleme hat und die Kommas nach stochastischem Verfahren setzt, dürften Schwierigkeiten hier wohl kaum auftauchen. Studienfahrten und Wandertage sind sehr beliebt. Er gewährt eine großzügig bemessene freie Zeit, ohne uns jedoch wichtige Sehenswürdigkeiten vorzuenthalten bzw. uns zu Besichtigungen zu zwingen. Als er einmal in Frankfurt als einziger zu spät zum Zug kam und wir nun noch 1,5 Std. Aufenthalt hatten, spendierte er uns kurzerhand zwei Freibier auf der Kaiserstraße, eine nette Geste. Gut gemeint sind auch seine „Anti- Stress/Selbstfindungsprogramme“; seine Schüler sind hierüber geteilter Meinung. Ein Wahrzeichen seiner Person ist sein hübsches orangefarbenes, sehr umweltfreundliches Auto, ein Wagen älteren Datums ohne Kat, aber dafür mit Rost.

Bleiben noch ein paar Worte zu seiner Gesundheit. Es fällt eigentlich auf, dass es ihn in regelmäßigen Abständen montags erwischt. Ein Studiendirektor der ELS schüttelte neulich den Kopf, als mein. Tutor donnerstags krank war, mit den Worten: „seltsam, sonst ist das doch immer montags…“ Die Entschuldigungen zeigen dann auch, dass er zu Recht daheimgeblieben ist: „Ich habe mir eine Blase gelaufen“, „wenn ich allein gewesen wäre, wäre ich gestorben“, „ich bin vorsorglich mal daheimgeblieben“, „ich bin beim Schneeschaufeln aufs Steißbein gefallen“, „ich lag gestern mit der schwersten Grippe und hohem Fieber im Bett, habe mir dann einen Trunk gemixt, und heute bin ich wieder topfit und alles ist vorbei“.

Wehe, einer zweifelt! Der bekommt es mit Sicherheit am laufenden Meter mit ihm zu tun: Norbert Jost.

Stefan Wedel

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